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UNVERZAGT VON HAVE
Rechtsanwälte

Rechtliche Stellungnahme (26.09.2013) an den RFI zu „Geheimhaltungsvereinbarungen“

  1. Problemstellung

    1. RFI-Mitglieder bekommen immer wieder „Geheimhaltungsvereinbarungen“ / „Geheimhaltungserklärungen“ / „Geheimhaltungsvertrag“ (z.T. auch „Vertraulichkeitserklärungen“, „Vertraulichkeitsvereinbarung“, „Verschwiegenheitserklärung“, Confidentiality Agreement, Non-Disclosure Agreement, Confidentiality Declaration) von Vertragspartnern und Kunden vorgelegt. Die Unterzeichnung solcher Vereinbarungen wird oft zur Voraussetzung für eine Beauftragung gemacht. Änderungen an der Geheimhaltungsvereinbarung werden nicht akzeptiert.

    2. Insofern stellt sich die Frage, welche Inhalte bei „Geheimhaltungsvereinbarungen“ rechtlich zulässig sind.

    3. Uns liegen diverse Geheimhaltungsvereinbarungen vor, die RFI-Mitgliedern zur Unterschrift vorgelegt wurden.

  2. Allgemeines zu „Geheimhaltungsvereinbarungen“

    1. Solche Erklärungen können als separater Vertrag vorgelegt werden oder es kann sich um eine Regelung in einem weitergehenden Vertrag/Auftrag handeln.

    Sie können auch in allen Vereinbarungen enthalten sein, die rechtlich als Allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen werden. Die oft von Kunden bereits vorformulierten Verträge, über die dann nicht im Einzelnen verhandelt wird, sind in diesem Sinne AGB.

2. Geheimhaltungsvereinbarungen sind i.d.R. wie folgt aufgebaut bzw. haben folgende Inhalte

  1. a)  Anlass der Übergabe/des Austausches geheimhaltungsbedürftiger/vertraulicher Informationen

  2. b)  Definition der geheimhaltungsbedürftigen/vertraulichen Informationen

  3. c)  Ausnahmen von der Vertraulichkeit/Geheimhaltung (z.B. „offenkundige

    Informationen“)

  4. d)  Verpflichtung zur Geheimhaltung

    1) Definition, was zulässigerweise mit den Informationen gemacht werden darf

2) Definition, welche Schutzmaßnahmen ggf. getroffen werden müssen

  1. e)  Verpflichtung, Mitarbeitern oder sonst eingebundenen Dritten dieselbe

    Geheimhaltung / Vertraulichkeit aufzuerlegen

  2. f)  Haftung bei Verstößen und Vertragsstrafe

  3. g)  Dauer der Geheimhaltung (ggf. auch über die Zusammenarbeit hinaus)

h) Besonderes (wie Rückgabe / Vernichtung von Dokumenten, Rechte an überlassenen Dokumenten etc.)

i) Schlussbestimmungen (anwendbares Recht, salvatorische Klausel, Gerichtsstand etc.)

  1. Die Geheimhaltungsverpflichtung kann dabei einseitig sein (wohl der Regelfall) oder wechselseitig.

  2. Die Geheimhaltungsvereinbarungen werden Teil der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den RFI-Mitgliedern und den Auftraggebern/Kunden.

  3. Wir können nicht zu jeder einzelnen Formulierung der zahlreichen Geheimhaltungsvereinbarungen eine rechtliche Bewertung vornehmen, sondern nachstehend nur zu den generellen Inhalten Ausführungen machen.

    1. a)  Die Vereinbarung einer Geheimhaltungsvereinbarung ist grundsätzlich zulässig und nicht per se unwirksam.

    2. b)  Ob einzelne Teile oder die gesamte Geheimhaltungsvereinbarung unzulässig sind, muss im Einzelfall geprüft werden. Grenzen können sich

aus einer unzulässigen Benachteiligung des verpflichteten Vertragspartners ergeben.

Das bedeutet dann: Selbst wenn eine Unterschrift unter die Vereinbarung erfolgte, dann kann noch eine rechtliche und ggf. gerichtliche Überprüfung stattfinden, ob die relevante Regelung überhaupt wirksam vereinbart werden konnte oder nicht ggf. nichtig ist.

c) Wird eine Verpflichtung zur Geheimhaltung unterzeichnet und dagegen verstoßen, dann ist es zulässig, für den Verstoß eine „Vertragsstrafe“ zu vereinbaren.

6. Theoretisch kann über den Inhalt solcher Geheimhaltungsvereinbarungen verhandelt werden. Ob deren Inhalt in der Praxis tatsächlich zur Disposition steht, ist keine rechtliche Frage, sondern eine Frage der Verhandlungsmacht, die i.d.R. der Fotograf/Illustrator als „schwächerer“ Vertragspartner gerade nicht hat.

III. Einzelfragen und Antworten zu bestimmten Formulierungen

1. Formulierung „Ausgehändigtes Material ist „einbruchssicher“ aufzubewahren.“ a) Wie wird einbruchssicher definiert?

Antwort:

Dazu gibt es keine gesetzliche Definition. Einen 100%igen Einbruchsschutz kann man hier kaum fordern, geschweige denn zusichern.
Das ist ein Begriff, den man auslegen muss, was vernünftige Vertragspartner im geschäftlichen Verkehr darunter verstehen, soweit sich nicht aus dem Vertrag selbst schon ergibt, was darunter zu verstehen ist.

Im Zweifel sollte bei einer solchen Formulierung konkret nachgefragt werden, was der Kunde darunter versteht.

b) Wir haben vermutlich alle normale Büros mit normalen Schlössern. Brauchen wir in Zukunft einen Safe, wenn wir für Kunden mit Geheimhaltungen arbeiten wollen?

Antwort:

Auch hier sollte man im Zweifel klarstellen, dass die Aufbewahrung in den Büroräumlichkeiten erfolgt und der Kunde mitteilen müsste, falls das nicht ausreichend wäre.

  1. „Der Kunde/Agentur hat das Recht sich jederzeit vom Umfang der Sicherheitsmaßnahmen zu überzeugen.“

    1. a)  Wie werden die Sicherheitsmaßnahmen definiert? Antwort:

      Das muss im Vertrag festgelegt sein. Wenn z.B. dort steht, dass das Material „einbruchssicher“ aufbewahrt werden muss, dann sind die Maßnahmen, die dafür sorgen, dass etwas „einbruchssicher“ ist, die geforderten „Sicherheitsmaßnahmen“.

    2. b)  Ich möchte nicht, dass meine Kunden „jederzeit“ mein Büro überprüfen dürfen.

    Dann muss das gestrichen werden. Sinnvoll ist hier ggf. als erste Stufe eine Erklärung über die „Sicherheitsmaßnahmen“ anzubieten. Wenn das dem Kunden nicht ausreicht, könnte man in einer 2. Stufe die Bestätigung durch einen Sicherheitsexperten anbieten. Wenn der Kunde tatsächlich vor Ort etwas prüfen möchte, dann sollte das

  • angekündigt werden,
  • Zu den üblichen Bürozeiten geschehen
  • auf 1x pro Projekt oder Jahr beschränkt werden.
  1. In einem solchen Fall kann auch umgekehrt eine Geheimhaltungsvereinbarung gefordert werden.

  2. „Wird dem Kunde/Agentur bekannt, dass der Vertragspartner gegen diese Geheimhaltungsvereinbarung verstößt, wird für JEDEN Fall des Verstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von xxxx Euro fällig.“

  1. a)  Wie wird „jeder Fall“ definiert? Antwort:

    Das muss man sich im Einzelfall ansehen.
    Ein „Fall“ muss auf einer „Verletzungshandlung“ beruhen. Dabei kann ein Verstoß aber auch unterschiedlich ausfallen:

  • Es kann z.B. eine E-Mail mit 10 geheimhaltungspflichtigen Informationen verschickt werden (das wäre dann ein Verstoß) oder
  • es wird an 10 verschiedenen Tagen jeweils eine E-Mail mit je 1 geheimhaltungspflichtigen Information verschickt (das können dann 10 verschiedene Verstöße sein).

Praktischer Hinweis:

Sie sollten zumindest darauf achten, dass die Vertragsstrafe nicht als feststehende Summe („… EUR“) für jeden Verstoß eingefügt wird, sondern der entsprechende Betrag erst festgelegt wird bzw. eine „angemessene“ Vertragsstrafe vereinbart wird (siehe die Formulierung unter Ziffer 5.).

  1. b)  Müsste der Kunde nicht dem Vertragspartner/Fotografen den Verstoß erst einmal nachweisen? Dann müsste es doch für „jeden nachgewiesenen Fall“ heißen oder?

    Antwort:

    Wenn sich der Kunde darauf beruft, dass eine Vertragsstrafe anfällt, dann muss er zwingend als erstes einen Verstoß nachweisen. Ein Verstoß kann nicht einfach „ins Blaue hinein“ behauptet und eine Vertragsstrafe gefordert werden.

    Insofern muss es nicht ausdrücklich heißen „jeden nachgewiesenen Fall“.

4. „Dem Vertragspartner ist bekannt, dass ein Verstoß gegen seine Geheimhaltungspflichten sowohl bei der Agentur als auch beim Kunden erhebliche Schäden zur Folge haben kann. Der Partner wird darauf hingewiesen, dass die Agentur selbst gegenüber dem Kunden entsprechenden Geheimhaltungsvereinbarungen unterliegt, deren Verletzung Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen und/oder pauschalisierten Schadensersatzforderungen zur Folge hat. Der Vertragspartner erkennt an, dass solche Forderungen, denen die Agentur seitens des Kunden ausgesetzt ist, den Mindestschaden bildet, der vom Partner im Falle eines schuldhaften Verstoßes gegen die übernommene Verpflichtung zu ersetzen ist. Im Übrigen ist der Kunde ausdrücklich in den Schutzbereich dieses Vertrages eingezogen.“

Wie können wir Forderungen anerkennen, deren Höhe wir nicht einmal kennen?

Antwort:

Mit dieser Formulierung wird gesagt, dass „dem Grunde nach“ anerkannt wird, dass ein solcher Schaden bei Dritten auch durch den Kunden/Vertragspartner als „Mindestschaden“ geltend gemacht werden kann.

Das sagt noch nichts über die Höhe aus. Über die kann man sich dann trefflich streiten. Insofern wird hier auch noch nicht jede Höhe einfach mal schon im Voraus akzeptiert.

5. „Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung versprechen die Vertragspartner eine Geldsumme als Strafe, deren Höhe die jeweils andere Partei nach billigem Ermessen bestimmt.“

Hier denkt sich der Kunde dann eine Geldstrafe aus?

Antwort:

Diese Formulierung ist in der Tat offen und überlässt die Bestimmung der Höhe der Vertragsstrafe dem Kunden, was jedoch zulässig ist (§ 315 BGB) und letztlich auch zugunsten des RFI-Mitglieds ausgehen kann.

Richtig ist, dass die Höhe zunächst von dem Vertragspartner/Kunden festgelegt wird.
Nach deutschem Recht unterliegt die festgelegte Höhe dann aber einer „Angemessenheits-Überprüfung“. Insofern kann für einen „kleinen“ Verstoß nicht gleich eine Millionenstrafe verlangt werden. Das muss im Verhältnis stehen.

In Deutschland könnte man eine unangemessen hohe Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen und herabsetzen lassen.

Werden hier von Anfang an pauschal starre Beträge festgelegt, dann kann das sowohl positiv als auch negativ sein. Auch hier wäre aber eine gerichtliche Überprüfung möglich.

6. Der Einfachheit halber unterschreibe ich die Geheimhaltungserklärung oft selbst, wenn der von mir vertretene Fotograf nicht die Zeit hat, es selbst zu unterschreiben. Ist das zulässig?

Antwort:

Eine Unterschrift eines RFI-Mitglieds „in Vertretung“, d.h. für einen Fotografen/Illustratoren ist möglich.

a) Wenn das RFI-Mitglied berechtigt ist, für den Fotografen/Illustratoren Verträge abzuschließen, dann kann auch eine solche Unterschrift „in Vertretung“ erfolgen.

Rechtlich verpflichtet ist dann der Fotograf/Illustrator direkt, da es dann eine Vereinbarung zwischen Kunde und Fotograf/Illustrator ist.

 

Das RFI-Mitglied sollte dann dafür sorgen, dass der Fotograf/Illustrator Kenntnis von dem Inhalt der Vereinbarung erlangt, damit er seine Geheimhaltungsverpflichtungen kennt.

b) Wenn das RFI-Mitglied nicht berechtigt ist, den Fotografen/Illustrator gegenüber Dritten, wie Kunden, vertraglich zu verpflichten, dann handelt das „RFI-Mitglied“ als „Vertreter ohne Vertretungsmacht“ und ist gegenüber dem Kunden selbst verantwortlich.

Rechtsanwälte Alexander Unverzagt und Claudia Gips/ 26.09.2013

 

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