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Vorüberlegungen

Derjenige, der einen selbständigen Kreativen beauftragt, ist dafür nach § 25 Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) grundsätzlich verpflichtet, die Künstlersozialabgabe (KSA) abzuführen. Dabei ist es unerheblich, ob der Beauftragte selbst über die Künstlersozialversicherung versichert ist oder nicht, deutscher Staatsbürger ist oder nicht, seinen Sitz in Deutschland hat oder nicht. Entscheidend ist, dass es sich um einen „selbständigen Künstler oder Publizisten“ handelt.

Die Künstlersozialabgabe ist im Übrigen von sonstigen „Sozialabgaben“, die in einem Arbeitsverhältnis anfallen, zu unterscheiden. Die Kriterien, die im Arbeitsrecht für eine Sozialversicherungspflicht und gegen eine Selbständigkeit sprechen, können daher nicht ohne Weiteres auf die Fragestellungen im Zusammenhang mit der KSA übertragen werden.

Entsprechendes gilt für Kriterien, die im Steuerrecht für eine Abgrenzung zwischen freiberuflich künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit herangezogen werden.

 

Fotomodell als Künstler?

Ob ein „Fotomodell“ in diesem Sinne „Künstler“ im Sinne des § 2 KSVG ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz.  Das KSVG enthält selbst keine Begriffsdefinition der künstlerischen Leistung und auch keine Aufzählung bestimmter Tätigkeiten oder Berufsbezeichnungen, die als „künstlerisch“ eingestuft werden.

Als „künstlerisch“ wird generell eine Tätigkeit verstanden, in der jedenfalls im Ansatz eine freie schöpferische Gestaltung zu erkennen ist.

Die Tätigkeiten, die von Models ausgeführt werden bzw. für die sie gebucht werden, können sehr unterschiedlich sein, wie z.B.

  • Ablichtung des Konterfeis,
  • professionelles Posen,
  • Ablichtungen von Teilen des Körpers, wie z.B. bei Hand- und Fußmodellen,
  • Laufsteg/Catwalk,
  • Agieren des Models mit schauspielerähnlichen Elementen, wie z.B. bei Film- und Videoaufnahmen,
  • Stand-in Tätigkeiten, in denen das Model nur im Hintergrund auftaucht,
  • Ablichtung des Models aufgrund seines/ihres Celebrity-Status.

 

a) Der Künstlerkatalog der KSK

Im Laufe der Zeit haben sich bestimmte Berufe herausgebildet, die in der Regel als „künstlerisch“ eingestuft werden. Es gibt u.a. den sogenannten „Künstlerkatalog“ (Informationsschrift Nr. 6 der KSK, abrufbar unter  http://www.kuenstlersozialkasse.de/wDeutsch/download/daten/Verwerter/Info_06_-_Kuenstlerkatalog_und_Abgabesaetze.pdf), der jedoch nicht abschließend oder letztverbindlich ist. In diesem ist eine Tätigkeit als „Model“ jedenfalls nicht aufgeführt.

Aufgeführt ist die Tätigkeit als „Schauspieler“, so dass im Bereich von Film- und Videoaufnahmen, an denen ein Model beteiligt ist, eine künstlerische Leistung vorliegen kann.

b) Die Anlagen der „Deutsche Rentenversicherung Bund“

Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRVB), die neben der KSK die Abgabepflicht prüft, hat auf Ihrer Internetseite 2 Anlagen eingestellt, in der Berufe und Tätigkeiten aufgeführt werden, die als „künstlerisch“ angesehen werden bzw. in der Regel nicht künstlerisch sind.

Anlage 1:

http://www.deutsche-rentenversicherung-regional.de/Raa/Raa.do?f=KSVG_2ANL1&a=true

Anlage 2:

http://www.deutsche-rentenversicherung-regional.de/Raa/Raa.do?f=KSVG_2ANL2

Zum Fotomodell wird dort ausgeführt:

Regelmäßig sind Fotomodelle keine Künstler. Das Mitwirken als Modell an Werbefotos ist aber im Einzelfall eine künstlerische Tätigkeit, wenn das Modell aktiv bei der Erstellung des Bildes mitarbeitet (z.B. seinen Gesichtsausdruck entsprechend einsetzt). Dasselbe gilt für Video- oder Filmaufnahmen“

c) Rechtsprechung deutscher Gerichte

Zu der Frage, ob ein Model „Künstler“ ist, gibt es bisher nur wenig Rechtsprechung.

1)     Bereits im Jahr 1995 hatte das Bundessozialgericht (BSG) darüber zu entscheiden, ob die Vorführung von Damenunterwäsche durch weibliche Models eine „künstlerische“ Tätigkeit ist. Das BSG hat dies in seinem Urteil (24.10.1995, Az. 3 KR 24/94) bejaht, da die Models „eigene Bewegungsabläufe zur Präsentation von Wäsche und Körper (vollführen) und … nicht mit Schaufensterpuppen verglichen werden (können).“

2)     Im Jahr 2004 entschied das Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein (Urteil vom 30.11.2004, Az.: L 1 KR 56/03):

Die Tätigkeit des Modells zur Erstellung von Fotografien, die zu Werbezwecken genutzt werden, ist eine künstlerische Leistung i.S.d. KSVG.“

„Dessen [des Fotomodells] Tätigkeit erschöpft sich ebenfalls nicht darin, sich passiv dem Fotografen zur Erstellung eines Bildes zur Verfügung zu stellen. Es ist gerade der Sinn professionell erstellter Fotografien auch und gerade zur Verwendung in der Werbung, dass das Modell aktiv bei der Erstellung des Bildes mitarbeitet und z.B. seinen Gesichtsausdruck entsprechend einsetzt. Damit geht die Aufgabe des Modells über das bloße zur Schau stellen und Ablichten lassen der eigenen Person hinaus. Das gilt umso mehr, wenn nicht nur Bilder erstellt werden, sondern Videoaufnahmen“.

d) Mögliche Rückschlüsse aus der Bewertung anderer künstlerischer Tätigkeiten

1)     Die Tendenz, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit „Werbung“ eher dem Bereich „Kunst“ gemäß dem KSVG zugeordnet werden, ist Fotografen bereits bekannt.  Das Bundessozialgericht hat gerade vor wenigen Tagen (Urteil vom 26.11.2010, Az.: B 3 KS 1/10 R) seine bisherige Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 12.11.2003, Az.: B 3 KR 8/03 R) bestätigt, dass für alle Arten von Werbefotografien die KSA anfällt. Es kommt daher allein darauf an, dass die Fotografie zu Werbezwecken hergestellt wird.

2)     Auch andere Berufsfelder, die am kreativen Prozess der bildlichen und textlichen Gestaltung von Werbung und Werbemitteln beteiligt sind, werden insgesamt und ohne Differenzierung nach künstlerischer Qualität im Einzelfall als Künstler eingestuft (z.B.  Werbefilmregisseure, Werbesprecher, Werbegrafiker).

Entsprechend hat das BSG auch Visagisten als „Künstler“ eingestuft, „jedenfalls dann…, wenn sie … dem Wirkbereich der Werbung zuzuordnen“ sind (Urteil vom 12.05.2005 Az.: 3 KR 38/04 R).

3)     Nach einem Urteil des BSG (24.01.2008, Az.: B 3 KS 1/07 R) ist jedoch nicht jeder, der an einem Werbespot mitwirkt, „Künstler“. In diesem Fall ging es um Profisportler, die in einem Werbespot in nach einem Drehbuch gestalteten Szenen auftraten. Dadurch  wurden sie jedoch nicht zu Künstlern, da sie nicht wegen ihrer darstellerischen Tätigkeiten, sondern wegen ihrer Bekanntheit als Werbeträger engagiert werden. Die Vergütung der Sportler wird daher allein bzw. überwiegend zur Abgeltung der Persönlichkeitsrechte gezahlt.

e) Die Ablehnung der Anträge von Models auf Einstufung als Künstler und damit als Versicherungspflichtiger nach dem KSVG

Nach unserer Kenntnis wurden Anträge von Models, diese als Künstler anzuerkennen, von der KSK in der Vergangenheit mit der Begründung, dass keine kreative Leistung vorläge, abgelehnt.

Es gibt anscheinend eine „verbindliche Mitteilung“ der „Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen“ vom 06.07.1993, wonach Fotomodelle keine künstlerische Tätigkeit im Sinne des KSVG ausüben. Diese Mitteilung liegt uns zum Einen nicht vor, und ist zum Anderen schon sehr früh ergangen und könnte daher durch die vorerwähnten Entscheidungen überholt sein.

Wenn diese Auffassung im Rahmen einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung Bund am 15.01.2009 bei einer Modelagentur bestätigt wurde, dann lässt sich in diesem Zusammenhang nur erneut klarstellen – auch diese Entscheidung ist leider unveröffentlicht und liegt uns nicht vor – nur entnehmen, dass es letztlich auf eine Beurteilung des Einzelfalles ankommt.

 

Auf der anderen Seite zeigen die obigen Ausführungen, dass die KSK Tätigkeiten der Models im Zusammenhang mit Werbezwecken als künstlerische Leistung ansieht und damit in die Bemessungsgrundlage der KSA mit einbezieht. Wenn die KSK dem BSG folgen würde, müsste sie konsequenterweise Models, die ausschließlich im Werbebereich tätig sind, als „Künstler“ einstufen.

Fazit:

a)     Die KSK bzw. die DRVB prüft und trifft ihre Entscheidung immer im Einzelfall.

b)     Entscheidend ist nicht allein der generelle Berufsstatus, sondern immer der Charakter der jeweiligen Leistung.

c)     Werden Models für Werbeaufnahmen beauftragt, bedeutet dies im Zweifel aufgrund der vorstehenden Ausführungen, dass der Beauftragende die KSA von gegenwärtig 3,9 % (gleichbleibend im Jahr 2011) berücksichtigen muss.

In diesem Fall sollte die Vertragsgestaltung so aussehen, dass der Kunde das Model direkt bezahlt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Fotograf oder Agent diese Kosten selbst tragen muss. Wird dem Kunden ein Pauschal-Honorar in Rechnung gestellt, in dem die Kosten für das Model verdeckt enthalten, d.h. nicht summenmäßig ausgewiesen, sind, bleibt der Fotograf abgabepflichtig. Gleichzeitig muss der Kunde auf den gesamten Pauschal-Betrag die Künstlersozialversicherung abführen.

 

d)     Eher am Rande: Zum „Entgelt“, auf dessen Grundlage die KSA zu berechnen ist, zählt nach § 25 Abs. 2 Satz 1 KSVG „alles“, was der Beauftragende an den Künstler für dessen „künstlerische“ Leistung zahlt, um diese zu erhalten und zu nutzen. Ausgenommen sind lediglich

  • die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer,
  • Entgelte, die an urheberrechtliche Verwertungsgesellschaften gezahlt werden,
  • Reisekosten im Rahmen der steuerlichen Freibeträge,
  • Steuerfreie Aufwandsentschädigungen.

 

Eine Unterscheidung in „Arbeits-“ und „Nutzungsrechtshonorar“ wird daher in der Regel nur bei „Celebrity“-Models sinnvoll sein, die auch für ihren Namen bezahlt werden.

Neben dem eigentlichen Honorar, ist daher auch auf Nebenleistungen wie Materialkosten und Honorare für Hilfskräfte die  KSA abzuführen.

Sogenannte „durchlaufende Posten“, d.h. Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, fallen nicht unter das Entgelt.

 

e)     Zur Verjährung: Die KSK kann die KSA rückwirkend für 4 Jahre erheben. Da die Meldung an die KSK immer erst zum 31.03. des Folgejahres geschieht, sind es effektiv 5 Jahre (z.B. verjährt die Künstlersozialabgabe für das Jahr 2006 erst 2011).

Wird die ggf. auf das Modelhonorar anfallende KSA nicht bei der KSK gemeldet, empfiehlt es sich, über Rückstellungen nachzudenken, die den Zeitraum bis zur  Verjährung abdecken.

f)      Sollte die Einstufung von Models für die Mitglieder des RFI eine bedeutsame Rolle in ihrer Alltagsarbeit spielen, sollte überlegt werden, die KSK mit konkreten Fragestellungen – z.B. im Rahmen einer verdeckten Anfrage und gerne über uns – zu kontaktieren, ohne natürlich den RFI oder dessen Mitglieder zu erwähnen.

g)     Nur rein vorsorglich der Hinweis, dass Repräsentanten selbst künstlersozialabgabepflichtig sein können, wenn sie z.B. für eigene Werbung und Öffentlichkeitsarbeit Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten (z.B. Grafiker, Fotografen etc.) erteilen.

Hamburg, den 22.12.2010

Alexander Unverzagt
Rechtsanwalt
unverzagt@unverzagtvonhave.com

Claudia Gips
Rechtsanwältin
gips@unverzagthave.com

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