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Rechtliche Stellungnahme an den RFI zum Thema

 „Collagen“
(Illustrations- und Foto-Collagen)

 (23.10.2014)

 

 I. Sachverhalt / Ausgangslage

Ein Illustrator erstellt Collagen. Er benutzt dabei Bildmaterial aus alten Magazinen der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Die einzelnen Bestandteile werden von ihm künstlerisch überarbeitet.

Diese fertigen Illustrationen werden für Zwecke im Editorial-Bereich genutzt, nicht aber zu Werbezwecken.

 

II. Fragestellung

 Gibt es hier rechtliche Bedenken?

 

III. Rechtliche Bewertung

1. Bei der Übernahme fremden Ausgangsmaterials (Originalmaterials) in ein eigenständiges neues Werk (Collage) ist rechtlich zwischen der sogenannten „Bearbeitung“ und der „freien Benutzung“ zu unterscheiden:

a) Bei einer Bearbeitung werden von einem Original Teile genommen und in ein neues Werk eingefügt.

Wenn die übernommenen individuellen Originalteile in der Collage noch erkennbar sind, dann ist das eine „Bearbeitung“ nach § 23 UrhG und die Nutzung der Collage grundsätzlich nur mit Zustimmung des Urhebers/Rechteinhabers möglich.

Hinweis:

Das gilt auch dann, wenn die Collage selbst sehr individuell und kreativ ist. Diese ist dann zwar für sich auch geschützt (d.h. ein Dritter kann dieses neues Werk nicht ohne Zustimmung des Illustrators nutzen). Es ändert aber nichts daran, dass diese nur mit Zustimmung des Urhebers des Originals verwertet werden darf.

Hinweis:

Das Gesetz unterscheidet hier auch nicht danach, ob das neue Werk/die Collage „Kunst“ ist.

b) Erst, wenn die Originalteile so verfremdet sind, dass sie in der Collage nicht mehr erkennbar sind bzw. für diese nur noch als Anregung/Inspiration dienen, handelt es sich um eine „freie Benutzung“ (§ 24 UrhG) und kann ohne Zustimmung des Urhebers/Rechtinhabers geschehen.

 Insofern ist immer ein Abgleich zwischen dem Ausgangsmaterial und dem neuen Werk notwendig, um zu entscheiden, ob eine unzulässige Bearbeitung oder freie Benutzung vorliegt.

2. Die Unterscheidung zwischen Bearbeitung und freier Benutzung ist nur dann nicht notwendig, wenn das zugrundeliegende Ausgangsmaterial (aktuell) nicht oder nicht mehr geschützt ist.

Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die „Schutzfrist“ abgelaufen ist.

Dazu gibt es – nach aktuellem Recht – bei Fotografien 2 relevante Fristen: „Werke“ (individuelle Fotografien, „Lichtbildwerke“) werden bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt. Lichtbilder (Knippsbilder) bis 50 Jahre nach Erscheinen bzw. Entstehung. Für Illustrationen gilt – soweit sie urheberrechtlich geschützt sind – die Frist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers.

Für Fotografien aus den 1950er/60er Jahren galt seinerzeit noch nicht die heutige Schutzfrist, sondern grundsätzlich 50 Jahre nach dem Tod. War diese Frist im Jahr 1966 noch nicht abgelaufen (als das heutige Urheberrecht in Kraft trat), dann gilt i.d.R. auch für diese Fotografie die heutige – verlängerte – Schutzfrist.

Wenn unklar ist, wann der Fotograf gestorben ist, kann  auch in 2014 noch ein Schutz bestehen.

Hinweis:

Auch wenn es sich um ausländische Zeitschriften oder ausländische Urheber handelt, könnten diese sich auf deutsches Recht berufen. Das setzt natürlich voraus, dass diese bzw. ihre Erben überhaupt Kenntnis von der neuen Nutzung erlagen.

3. Sofern Personen – erkennbar – auf den Originalaufnahmen abgebildet und diese Erkennbarkeit auch in der Collage noch gegeben ist, dann könnte noch eine Verletzung des „Rechts am eigenen Bild“ vorliegen.

Bis auf wenige Ausnahme ist die Verwendung der Abbildung einer Person nur mit deren Zustimmung zulässig.

Dieses Recht erlischt erst 10 Jahre nach dem Tod. Insofern ist das für Personen, die in den 1950er/1960er Jahren abgebildet wurden, auch noch nicht ganz ausgeschlossen.

4. Haftung – Was passiert im schlimmsten Fall?

Es könnten – von einem Urheber und einer abgebildeten Person – u.a. Unterlassung und Schadensersatz gefordert werden.

Bei einem redaktionellen Einsatz wäre ein Schadensersatz nicht so hoch wie im werblichen Fall.

Er richtet sich nach Umfang der Veröffentlichung (z.B. Auflage). Da könnte z.B. für den Fotografen des Ausgangsmaterials auf die Empfehlung der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing zurückgegriffen werden (MFM).

Der Fakt, dass man ggf. nicht weiß oder rausfindet, wer der Urheber oder die abgebildete Person ist (oft als „found footage“ bezeichnet), ändert an der Haftung nichts.

Es reicht auch nicht aus, die Quelle anzugeben, aus der das Ausgangsmaterial stammt, um die Haftung wirksam auszuschließen.

In der Haftung ist dann zunächst der Verleger, in dessen Medium die Collage veröffentlicht wird. Sofern dieser vom Illustrator eine „Haftungsfreistellung“ fordert bzw. mit diesem vereinbart, kann der Verleger diesen in „Regress“ nehmen und sich an ihm schadlos halten.     

Hinweis: Eine werbliche Nutzung wäre ggf. risikobehafteter. Das gilt insbesondere auch dann, wenn ggf. noch „Marken“ oder „Logos“ auf den Ausschnitten zu sehen wären, da dann marken- und wettbewerbsrechtliche Aspekte eine zusätzliche Rolle spielen könnten.

 Rechtsanwälte Alexander Unverzagt und Claudia Gips/23.10.2014

 
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